10. Mai 2023
Unser Verdauungssystem ist eine fein abgestimmte Maschinerie: Sie spaltet die Nahrung auf und wandelt sie in Stoffe um, die der Körper für Energie, Wachstum und Reparatur nutzt. Stelle es dir wie ein Getriebe mit vielen Zahnrädern vor, bei dem jedes Zahnrad seine eigene wichtige Funktion einnimmt. So wie ein einzelnes defektes Zahnrad dazu führen kann, dass eine Maschine nicht mehr richtig funktioniert, kann eine Funktionsstörung in unserem Verdauungssystem im weiteren Verlauf zu größeren Problemen führen. (In unseren vorigen beiden Beiträgen sind wir auf Leaky-Gut näher eingegangen.)
In diesem Artikel erörtern wir:
Unser Magen ist mit speziellen Zellen, den Parietalzellen ausgekleidet. Diese Zellen scheiden eine Mischung aus Säuren (Salzsäure, Kaliumchlorid und Natriumchlorid) aus, die den Magen in eine sehr saure und „feindliche“ Umgebung verwandeln.1 Wie sauer etwas ist, wird auf einer pH-Wert Skala gemessen: Während Wasser einen neutralen pH-Wert von 7 hat, liegt der pH-Wert unserer Magensäure zwischen 1 und 3. Das ist sauer genug, die meisten schädlichen Bakterien abzutöten – einschließlich Helicobacter pylori (Infektionen mit H. pylori werden für eine Reihe von Magenerkrankungen verantwortlich gemacht, die mit einer verstärkten Sekretion von Magensäure einhergehen). Magen und Dünndarm werden durch einen niedrigen pH-Wert somit relativ keimfrei und steril.
Unsere Magensäure hilft uns auch, Verdauungsenzyme wie Pepsin zu aktivieren, die den Abbau von Proteinen unterstützen. Dies erleichtert wiederum die Aufnahme von Nicht-Häm-Eisen, Magnesium, Kalzium und Vitamin B12. Übrigens: Eine Schicht aus glibberigem Schleim schützt das Innere unseres Magens vor der Magensäure.2
Störungen der Magensäuresekretion können eine Reihe von Gesundheitsproblemen verursachen. Zu wenig Säure wird mit Osteoporose, Veränderungen des Darmmikrobioms und SIBO, Dünndarmläsionen, Mikronährstoffmangel und indirekt mit Clostridium-difficile-Infektionen in Verbindung gebracht.2,3,4
Zu viel Magensäure kann andererseits Magengeschwüre des Typs II und III verursachen und ist auch an der Entstehung von Zwölffingerdarmgeschwüren (meist durch H. pylori verursacht) beteiligt.5
Diese Faktoren können den Säurespiegel in deinem Magen senken:
Helicobacter pylori | Eine Helicobacter-pylori-Infektion kann sowohl eine akute als auch eine chronische Entzündung des Magens verursachen. Eine akute Infektion kann zunächst die Magensäuresekretion vermindern.5,6 Eine chronische Infektion führt je nach Ort der Infektion entweder zu Hypochlorhydrie (verminderte Bildung von Salzsäure im Magen) oder Hyperchlorhydrie (gesteigerte Bildung von Salzsäure im Magensäure).2 |
Protonenpumpenhemmer | Medikamente, die üblicherweise zur Behandlung der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD), eines hohen Magensäurespiegels und zur Minimierung des Risikos von Blutungen im oberen Magen-Darm-Trakt nach einer NSAID-Behandlung (Nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel) eingesetzt werden, senken vorübergehend die Magensäuresekretion. Obwohl sie für die kurzfristige Einnahme gedacht sind, nehmen viele Menschen diese Medikamente langfristig ein, was zu erheblichen Verdauungsproblemen führt. Die Einnahme von Protonenpumpenhemmer wird ebenso eindeutig mit einer geringeren Vielfalt des Darmmikrobioms und einer geringeren Anzahl normaler Darmbakterien in Verbindung gebracht.7,8 |
Antihistaminika | Das Hormon Gastrin ist das wichtigste Stimulans für die Magensäuresekretion während einer Mahlzeit. Gastrin stimuliert die Histaminfreisetzung, die wiederum die Magensäuresekretion aus den Parietalzellen anregt.5,9 Die Verwendung von H2-Antihistaminika unterdrückt somit die Magensäuresekretion. Antihistaminika, die auf den H2-Rezeptor der Parietalzellen abzielen, sollten nicht mit H1-Antihistaminika verwechselt werden, die bei allergischen Reaktionen eingesetzt werden. H2-Antagonisten werden ebenso wie Protonenpumpenhemmer zur Unterdrückung der Magensäuresekretion eingesetzt. |
Stress | Vieles deutet darauf hin, dass psychischer Stress die Magensäuresekretion kurzfristig beeinflussen kann.10 Langfristig können diese Auswirkungen zu größeren Schwankungen des pH-Wertes im Magen führen. |
Autoimmun Gastritis | Autoimmun-Gastritis ist eine Krankheit, bei der die säuresezierenden Parietalzellen durch abnorme Immunreaktionen zerstört werden.11 |
Alter | Mit zunehmendem Alter nimmt die Produktion von Magensäure ab.12 |
Es gibt eine Reihe von körperlichen Anzeichen, die auf zu wenig Magensäure in deinem Darm hindeuten:
Bakterielle Überwucherung des Dünndarms (SIBO)
Blähungen, Aufstoßen und Brennen unmittelbar nach dem Essen
Blähungen im oberen Verdauungstrakt
Chronische Candida-Infektion
Durchfall/Verstopfung
Eisenmangel / Kalziummangel / Magnesiummangel
Eiweißmangel
Gastrointestinale Infektionen
Haarausfall
Mangel an Vitamin B12
Müdigkeit
Nahrungsmittelallergien
Schwache, abblätternde und rissige Fingernägel
Taubheit und Kribbeln
Übelkeit nach der Einnahme von Nahrungsergänzungen
Ungewöhnliches Völlegefühl nach dem Essen
Unverdaute Nahrung im Stuhl
Verdauungsstörungen/Herzbrennen/Säurereflux
Der Säurespiegel deines Magens kann durch Folgendes steigen:
Helicobacter-pylori-Infektion | Wie bereits erwähnt, kann Helicobacter pylori je nach Ort der Infektion Hyperchlorhydrie verursachen.2 |
Alkohol | Alkoholische Getränke, die durch Gärung entstehen, stimulieren die Magensäuresekretion und können so den pH-Wert des Magens senken.5 |
Einen Überschuss an Magensäure kannst du an den folgenden körperlichen Anzeichen ausmachen:
Aufstoßen
Brennendes Gefühl unmittelbar nach dem Essen
Erbrechen (grün-gelbe Flüssigkeit)
GERD (meist kein Problem aufgrund von Säureüberschuss)
Geschwüre
Häufiges Sodbrennen mit saurem Geschmack im Mund
Heiserkeit
Schmerzen im Oberbauch
Übelkeit
Die bakterielle Überwucherung des Dünndarms (SIBO) ist eine Erkrankung, bei der es zu einem abnormalen Wachstum von Bakterien im Dünndarm kommt. Diese Bakterien können die normale Verdauung und Absorption von Nahrung beeinträchtigen, was zu Symptomen wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall führt.13
Wenn die Produktion von Magensäure abnimmt, entsteht ein günstigeres Milieu für Bakterien, die in den Magen und Dünndarm eindringen. Diese Bakterien werden entweder über die Nahrung aufgenommen oder können Bakterien sein, die sonst nur in der Mundhöhle vorkommen. Diese Bakterien wandern dann weiter in den Dünndarm, wo sie mit der Fermentierung der aufgenommenen Nahrung beginnen.
Neben den oben beschriebenen Ursachen können weitere Faktoren das Entstehen von SIBO begünstigen:
Beeinträchtigte Dünndarmmotilität | Wenn sich die Muskeln im Dünndarm nicht richtig zusammenziehen, kann dies zu einer Ansammlung von Bakterien führen.15 |
Strukturelle Anomalien | Erkrankungen wie Divertikel (bläschen-, birnen- oder sackförmige Ausstülpung der Wände von Hohlorganen), Strikturen (hochgradige Einengung des Lumens eines Hohlorgans) oder Adhäsionen (Verwachsungen oder Verklebungen) können Veränderungen in der Anatomie des Dünndarms verursachen, die zur Entwicklung von SIBO beitragen können.13 |
Störung des Immunsystems |
Im Gesundheitswesen findet bei der Behandlung von SIBO derzeit eine Verlagerung von Antibiotika und einfach symptomreduzierenden Medikamenten hin zu einem ursprünglicheren Ansatz mit natürlichen Behandlungsmethoden statt. Durch die richtige Behandlung der Ursachen – z.B. zu wenig Magensäure oder Dysmotilität (Bewegungsstörungen) des Dünndarms – kannst du ein Milieu schaffen, in dem es Mikroben schwerer fällt zu gedeihen. Eine Möglichkeit, das saure Milieu im Magen wiederherzustellen, ist die Ergänzung mit Betain Hydrochlorid (HCl) und Pepsin. Dies trägt zur Aktivierung der Verdauungsenzyme bei, verbessert die Aufnahme von Mikronährstoffen und entlastet den Dünndarm. In Kombination mit Pepsin kann Betain HCl den Verdauungsprozess von Proteinen wirksam ankurbeln und so die Symptome von SIBO weiter reduzieren. Es hat sich gezeigt, dass die Einnahme von 1.500 mg Betain HCl den pH-Wert des Magens nach einer medikamentösen Erhöhung des pH-Werts drastisch, wenn auch nur vorübergehend senkt.18 Zu den Mahlzeiten eingenommen, hilft Betain HCl, den Magen wieder anzusäuern. Die erforderliche Dosis hängt jedoch von der Mahlzeit und der einnehmenden Person ab. In einer kürzlich durchgeführten Studie konnten die Teilnehmer den pH-Wert des Magens erst nach Einnahme von 4.500 mg Betain HCl wirksam senken.19
Wenn du unter den Symptomen von Hypochlorhydrie (zu wenig Magensäure) oder SIBO leidest, könnte es sich für dich lohnen, mit einem Arzt über mögliche Tests und Behandlungsmöglichkeiten zu sprechen. Die Einnahme von Betain HCl und Pepsin zu den Mahlzeiten, beginnend mit einer Kapsel mit 650 mg Betain HCl und der stufenweisen Erhöhung der Dosis um eine weitere Kapsel, bis eine wirksame Dosierung erreicht ist, könnte dir helfen, die Symptome in den Griff zu bekommen und die Ursache des Problems anzugehen.
Referenzen (Englisch)
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